Ägypten, Sonne, Tanz rund um die Uhr -
und ich mittendrin!!! Schon seit Wochen freute ich mich, dass mich
die Veranstalterin der Reise, Dagmar Rummel von Tara Travel, wieder
als Dozentin für dieses außergewöhnliche Festival
engagiert hatte.
Und nun ging es endlich los. Bepackt mit jeder Menge Trainingsklamotten,
unendlich vielen CDs, Dutzenden von Wokshopskripten und ein paar
wenigen Alltagskleidern (mein Koffer war ja bereits übervoll)
stand ich am Flughafen und schon sprachen mich die ersten fremden
Frauen an. Ich trug mein Kapuzenshirt mit meinen Namen und meinem
Tanzstudiologo und war so für die anderen Mitreisenden schnell
als Dozentin des Festivals auszumachen.
Teilnehmerinnen aus Deutschland, Schweiz, Österreich, Spanien,
England und anderen Ländern waren gespannt auf die folgenden
10 Tage Tanzurlaub.Nach über vier stündigem Flug landeten
wir in Sharm el Sheik, dem Flughafen im Sinai, von wo aus es mit
einem Bus zu unserem Hotel in Dahab ging.
Die Fahrt ging durch das Sinaigebirge ans rote Meer und alleine
der Ausblick vom Bus war beeindruckend.
Berg an Berg reihte sich, die Erde schimmerte in den verschiedensten
Tönen und manchmal ganz unvermutet mitten in der Wüste
ein kleines Beduinenlager: wie unglaublich arm diese Menschen hier
sind - arm an allem was wir westlichen Menschen vom täglichen
Leben gewohnt sind und vielleicht doch um vieles reicher: um die
"kleinen Schätze" die uns in unserer westlichen Welt
verloren gingen.
Gut gelaunt kamen wir jedenfalls im Hotel Helnan Dahab an und wurden
schon von den Frauen erwartet, welche die 14 tägige Reise gebucht
hatten und deshalb schon vier Tage zuvor angekommen waren.
Die Zimmerverteilung erfolge rasch und nach dem die Koffer halbwegs
ausgepackt waren ging es zum Abendessen.
Da wir in Deutschland morgens bei Minusgraden abgeflogen waren,
konnten wir es kaum glauben, daß wir hier das Abendessen im
Freien auf der Terrasse einnehmen konnten.
Es schmeckte vorzüglich und mit vollem Bauch wurden erste Kontakte
geknüpft. Ich freute mich über einige Frauen, die beim
ersten Festival im letzten Jahr schon dabei waren und drückte
sie und wir plauderten über die Dinge, die seither passiert
sind. Aber ich freute mich auch, dass so viele neue Frauen dabei
waren und auch einige Männer und ein kleines, süßes
Mädchen (das sich im Laufe des Festivals in unsere Herzen schleichen
sollte).
Beim Welcome-Meeting stellte Dagmar Rummel sich und die Reiseleiter
Devy und Mohammed vor, informierte über Ausflüge, den
Tanzstundenplan und sonstige organisatorische Dinge und eröffnete
auch den Bazar, der extra für uns in einem Raum Kostüme,
Tücher, Schleier, CDs, Stöcke, Videos und zum Verkauf
bereit hielt.Da Mahmoud Reda, der eigentlich für den ersten
Tag als Workshopdozent eingeplant war, erst ein paar Tage später
kam, bot sich den Teilnehmerinnen die Möglichkeit Unterricht
bei Sawsan, einer ehemaligen Tänzerin aus der Reda-Truppe,
zu nehmen.
Auf dem Stundenplan stand "Saidi-Stocktanz“, den Sawsan
typisch ägyptisch mit oftmals ziemlich durchgestreckten Beinen
tanzte und ihr konzentrierter Unterricht glich regelrecht einem
Drill.
Das Highlight des zweiten Tages war die Lehrershow am Abend. Alle
Dozenten stellten sich in Solos vor. Sara aus Hürth zeigte
sich klassisch, Khadeja und Mustapha brachten Folklore dar, Soraya
aus Frankfurt begeisterte mit einem Shamadan, Aziza erntete viel
Applaus mit frechen Sharki-Interpretationen, Khen Hershkovitz zeigte
seinen Tanz nach der Feldkraismethode und ich erlaubte mir eine
kleine Persiflage und ebenfalls einen klassischen Raks Sharki.
Die Zuschauer jedenfalls lobten die Show, die das Lehrerteam auf
die Füße gestellt hatte, als unglaublich abwechslungsreich
und von der Tanzqualität sehr hochwertig. Und den Angestellten
des Hotels fielen mal wieder die Augen aus dem Kopf: so viele Frauen
und alle können sie bauchtanzen...
Am Ausflugstagstag wurden verschiedene Touren angeboten.
Man konnte sich von einem Kamel zum Mosesberg tragen lassen (was
den Nachteil hatte, dass man schon um 0.30 Uhr nachts startklar
sein musste), die Canyons der Umgebung besuchen oder auch eine Schnorcheltour
zur Blue Hole machen. Die Blue Hole ist ein großes "Loch"
im Meer und vor allem für seine Fischvielfalt berühmt.
Schon im letzten Jahr war ich dort und da ich mich gerne im Wasser
tummle und weniger gerne früh aufstehe, war für mich gleich
klar, dass ich am Schnorchelausflug teilnehmen werde.
Eine etwa einstündige Fahrt führte uns dann zur Blue Hole.
Wir waren beeindruckt von der Korallenvielfalt und den verschiedensten
Fischen, Seeigeln und Grässern die man so hautnah beobachten
konnte. Meine Freundin drückte ihre Begeisterung so aus: "Ich
fühle mich, als hätte mich jemand in ein Aquarium geschmissen".
Nachmittags wieder zurück im Hotel gingen wir gleich wieder
schnorcheln. Auch hier gab es viel zu entdecken und das Meer am
Hotelstrand rief uns förmlich zu sich rein.
Der ägyptische Abend sollte zum Knaller des Festivals werden.
Tara Travel war es gelungen, den ägyptischen Bauchtänzer
Tito, der in Sharm el Sheik sehr erfolgreich Shows bestreitet und
wohl demnächst den Rest des Landes bzw. der Welt erobern wird,
für eine Vorführung zu gewinnen.
Ich hatte in Deutschland mal eine Reportage im Fernsehen über
ihn gesehen und war begeistert - aber seine Live-Performance übertraf
meine Erwartungen um ein Vielfaches.
Tito tanzt immer in einer weißen Galabiya - sein Markenzeichen
- und ebenfalls sehr prägnant ist sein schneller zackiger Tanzstil,
unheimlich tief im Pliee ausgeführt.
Sein Charme tat sein übriges und er schaffte es, jede Frau
im Raum glaubend zu machen, er tanze heute nur für sie. Wer
jetzt meinte, eine Steigerung der Wirkung wäre nicht weiter
möglich, der täuscht sich: ein kleiner Junge kam auf die
Bühne, etwa 10 Jahre alt und ebenfalls in eine weiße
Galabyia mit schwarzem Hüfttuch gehüllt. Mit einem zuckersüßen
Lächeln legte er los und tanzte zusammen mit Titos Ensemblefrauen
eine klassische Choreo.
Begeisterung pur im Publikum und vor allem die Mütter unter
den Zuschauerrinnen waren hin und weg.
Meine kurzen Bedenken ob dieser Knirps das ganze freiwillig macht
oder vielleicht viel lieber Fußball spielen würde, wurden
durch sein Lächeln und seine Ausstrahlung weg gewischt. Diese
Junge, der übrigens ein Neffe von Tito ist, hat soviel Charisma,
das kann nicht antrainiert werden!
Der Höhepunkt war ein Duett von Tito und dem Jungen. Beide
standen auf je einer Trommel und legten ein Trommelsolo aufs Parkett,
pardon aufs Trommelfell, das es in sich hatte.
Der Schlussapplaus wollte dementsprechend auch gar nicht enden!
Nach einer kurzen Pause ging es mit Livemusik weiter. Ein kleines
Orchester baute sich auf und spielte klassische Lieder aber auch
Orient-Pop. Dandash, eine Tänzerin aus Kairo, betrat in einem
knallroten Kleid das Parkett. Seit der Trennung von ihrem Mann tanzt
sie des öfteren wieder öffentlich, leider wußte
sie uns aber nicht so zu begeistern wie im letzten Jahr. War ich
im vergangenen Jahr noch von ihrem eigenwilligen Tanzstil begeistert
(ich erinnere mich an einen Hauch Derbheit, aber sie kriegte jedes
Mal "die Kurve") so schaffte sie diesen Übergang
leider öfters mal nicht und manchmal war sie mir viel zu grob
in ihren Bewegungen und ihrem Ausdruck. Ein Hochwerfen des Rockes
über dem Po in Richtung Publikum (bin ich eher von Can-Can
gewohnt) und ein beherztes Fassen an die Brust beim Bodentanz liesen
mich mit einem fassungslose Kopfschütteln zurück.
Nach ihrer Show tanzten die Fetival-Lehrerinnern noch zu Live-Musik,
was irrsinnig viel Spaß machte und auch die ein oder andere
Teilnehmerin traute sich.
Dandash (die uns tagsüber schon unterrichtet hatte) gab nochmals
eine kurze Vorstellung in einer Galabiya und tanzte einen Saiidi.
Die Puristen unter uns waren sehr erstaunt als Dandash den Stock
an der Krücke drehte, war dies doch gegen jede Tanzregel, die
wir hier in Deutschland lernen. Aber trotzdem gefiel sie uns allen
beim Folkloretanz viel besser.
Ein erlebnisreicher Abend ging mit der wirklich guten Live-Musik
zu Ende.
An den nächsten Tagen unterrichtete Tito einen
Teil seiner Auftrittschoreographien auf dem Festival und die Augen
der Schülerinnen „klebten“ mit Begeisterung an
dem durchtrainierten Körper dieses Ausnahmetänzers. Schweißtreibender
Unterricht im absolut tiefen Pliee lies jede Teilnehmerin - trotz
aller Begeisterung - eine Pause herbei sehnen.
Mahmoud Redas Unterricht mit seinen typischen Schrittkombis und
seinem Charisma setzte ein wichtiges Highlight des Festivals. Er
unterrichtete an zwei Tagen zwei Choreographien unter anderem einen
witzigen Hagallah. Unterstützung bekam er dabei von Nawal,
seiner Masterschülerin, einer gebürtigen Marokkanerin,
die in Paris lebt und tanzt.
Nawal tanzte immer vor uns und machte so die Bewegungen, die Master
Reda teilweise nur andeutete, für uns verständlicher.
Wendy Buonaventura, die Autorin des Kultbuches "Die Schlange
vom Nil", bereicherte das Festival mit ihrer ruhigen Art. Ich
belegte unter anderem den Masterclass-Unterricht bei ihr. Jede Teilnehmerin
musste vortanzen (wir waren insgesamt nur 4 Frauen) und bekam dann
Wendys Meinung und Tipps zur Verbesserung des Tanzes. Anschließend
durfte man die Choreo nochmals tanzen und die neuen Erkenntnisse
gleich umsetzen. Mir gingen ein paar Lichter auf und die ehrliche
Meinung dieser erfahrenen Tänzerin brachte mich zum Nachdenken
über teilweise schon eingefahrene Bewegungsabläufe. Insgesamt
war es eine wirkliche Bereichung meiner Tanzerfahrung.
Aus Israel war Khen Hershkovitz angereist, der den
Orientalischen Tanz über die Basis „Feldenkrais“
unterrichtet. Er verschaffte vielen Frauen, vor allem den weniger
Tanzerfahrenen, einige Aha-Effekte in dem er Wert auf mehr Körperbewusstsein,
von den Fußsohlen beginnend, legte. Aber auch ich fand seinen
Ansatzpunkt sehr interessant und konnte schon Erkenntnisse daraus
in meinen Anfängerkursen anwenden.
Khadejah und Mustapha hielten Workshops mit den
Themen „Gypsy“, „Baladi-Pop“, „Chiftetelli“,
usw. Khadejah unterrichtete mit viel Pfeffer, wohingegen Mustaphas
Ruhe und Herzenswärme wieder der ausgleichendes Part bei diesem
hinreißenden Power-Paar war.
Sara, die auch im letzten Jahr beim Festival dabei
war und schon ihren eigenen Fanclub hatte, unterrichtete unter anderem
eine sehr schöne Schleierchoreographie und andalusischen Tanz.
Soraya aus Frankfurt hatte kurzfristig die Vertretung
für eine andere erkrankte Dozentin übernommen und erläuterte
Themen wie „Mawal“, „Taksim“,... Die Frauen
waren begeistert von ihrer sanften Art und ihrem fraulichen Charme.
Aziza aus Kanada war der unumstrittene Star des
Festivals. Schon bei der Lehrershow eroberte sie die Herzen der
Frauen im Sturm durch die tolle Tanztechnik und ihren Humor. Ihre
Seminare entwickelten sich daraufhin als Dauerbrenner und die Frauen
waren restlos begeistert von Azizas didaktisch sehr gut aufgebautem
Unterricht. Sie nahm sich selbst nicht zu ernst, nicht zu wichtig
und war sehr bescheiden in ihrem außerordentlichen Können
und sie gab uns viele neue Bewegungen und Showeffekte mit auf den
Weg.
Ich selbst unterrichtet verschiedene Choreographien,
ein Schminkseminar und auch Technik (unter anderem einen Workshop
„Rund um die Acht“ bei dem ich die Teilnehmerinnen mit
neun verschiedenen Hüftachten verblüffen konnte). Außerdem
bot ich eine Schnupperstunde an für Begleitpersonen, die am
eigenen Leibe mal erfahren konnten, was ihre Frauen/Freundinnen
so am Bauchtanz fasziniert.
Drei Männer und eine Frau fanden sich zu diesem Schnupperkurs
ein und ich zeigte ihnen verschiedene Grundbewegungen und eine kleine
Schrittkombi.
Mir machte es unheimlich Spaß diese „Unerfahrenen“
in die Kunst des Tanzes einzuweisen und eine Tänzerin erzählte
mir am nächsten morgen ganz verblüfft, ihr Mann habe schon
morgens wieder „die Acht“ geübt. Und ich freute
mich, dass ich ein bisschen der Faszination rüber bringen konnte.
Den Abschluß bildete die Schülershow
bei der wieder ein buntes Programm geboten wurde. Mit vier Schülerinnen
eröffnete ich das Showprogramm und wir zeigten einen Baladi
mit Kerzentablett, den die Frauen während meines Seminares
auf dieser Tanzreise gelernt hatten.
Es folgte ein buntes und auch sehr hochwertiges Programm aus Solodarbietungen,
Duett-Tänzen und erst frisch auf diesem Festival erlernten
Gruppen-Choreographien - die alle mit Begeisterung vorgetragen und
auch mit viel Applaus belohnt wurden.
Nach 10 Tagen war die Tanzreise dann schon wieder
vorbei und wir verabschiedeten uns voneinander mit Tränen in
den Augen. Freundschaften hatte sich gebildet und man versprach
sich eifrig zu mailen, zu schreiben und zu besuchen.
Der Bus brachte uns zurück zum Flughafen und
auch auf der Rückfahrt wurde nochmals die besondere Atmosphäre
dieses Festivals spürbar. Baytekin, der auf dem Festival Darbukka-Unterricht
gegeben hatte und manche Tänzerin mit seiner tollen Musik live
begleitet hatte, packte seine Trommel aus, wir klatschten im Takt
und manche wagte ein kleines Tänzchen in der schmalen Reihe
des Busses zwischen den Sitzen: diese Festival und der Orientalische
Tanz verbandt uns alle und hatte ein Atmosphäre geschaffen,
die ich nicht in Worte fassen kann!
Dahab Holiday Dance Festival: diese Tradition wird
beibehalten und da Dahab Gold bedeutet ist es auch kein Widerspruch
das nächste Festival an einem anderen Ort statt finden zu lassen.
Das Hotel Helnan in Dahab wird umgebaut und aus diesem Grund weicht
Tara Travel nach Marokko aus. In der Hafenstadt Essaouira am Atlantik
wird Mitte März 2006 beim 3. Dahab Holiday Dance Festival wieder
getanzt, gelacht, gelernt und Land und Leute entdeckt.
Freuen wir uns also auf Marokko und entdecken wird dort das „Gold
des Orientalischen Tanzes“. Ich bin auf jeden Fall als Dozentin
wieder dabei: und Ihr????????????????
*Ayascha*, Tel. 07246-6263, www.Ayascha.de
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